Heute kann es regnen, stürmen oder schnei'n....

... denn du strahlst ja selber, wie der Sonnenschein! Diese uns vermutlich allen bekannten Zeilen sind der perfekte Opener für das heutige Thema, über das ich mit dir sprechen möchte. Du kennst das: du planst über Tage, Wochen, ja vielleicht sogar Monate (bei Hochzeiten ist dies i.d.R. so) dein Shooting. Du bist super darin, deine Models mit dem schmeichelnden Licht der auf- oder untergehenden Sonne in Szene zu setzen und checkst deshalb schon 10 Tage im Voraus täglich hoffnungsvoll den Wetterbericht… und dann... tja, dann kommt es so, wie es in den Herbst- und Wintermonaten nun mal überwiegend hier in Deutschland (ganz besonders im Münsterland) der Fall ist: prasselnder Monsunregen, Schneestürme, Orkanböen der Windstärke 12 und, da mich hier überhaupt nichts mehr überrascht, vielleicht auch noch eine Erdbebenwarnung. Klar, unser täglich Brot!

Nein, ernsthaft. Wir sind hier in Deutschland zwar nicht gerade sonnenverwöhnt, aber dass uns der Wettergott oder eine Naturkatastrophe tatsächlich einen richtigen Strich durch die Rechnung machen, das ist so gut wie nie der Fall. Deshalb möchte ich dir hier erklären, weshalb du dich auf keinen Fall von deinen Plänen abbringen lassen solltest und egal bei welchem Wetter dein Shooting durchziehen kannst. Am Ende dieses Blogeintrages gibt es dann noch den ein oder anderen Tipp für dich:

1) Dein Potential entfalten
Wer immer nur macht, was er schon kann, der wird sich nicht weiterentwickeln. Das gilt nicht nur in der Fotografie, sondern in fast allen Bereichen, die etwas mit Lernprozessen zu tun haben. Deshalb sind Spitzensportler hin und wiederzusehen, wie sie andere Sportarten ausführen. Schau mal:
Wir lernen nur dann Neues, wenn das, was wir lernen wollen, nicht zu dem passt, was wir bereits kennen und gelernt haben. Auf die Fotografie bezogen kann das heißen, dass es möglicherweise Sinn macht, sich in verschiedenen Bereichen auszuprobieren. So kann ein Portraitfotograf*in davon profitieren, sich in der Landschaftsfotografie zu versuchen und so ganz neue Perspektiven entdecken, die ihm später wiederum helfen können, eine interessantere Bildgestaltung mit dem Model vorzunehmen, die den "Blick" des Landschaftsfotografen einbeziehen. Das Gleiche gilt sicherlich auch andersherum. Und um den Bogen zum Thema zu machen: wer immer nur unter gleichen Wetter- und Lichtbedingungen fotografiert, der limitiert seinen eigenen Lernprozess. Denn nur dann, wenn Du Dich und Deine Kamera in verschiedenste Situationen bringst, lernst Du, welche Kameraeinstellungen in welcher Situation gewählt werden müssen. Bei weichem Abendlicht, das möglicherweise noch durch einen ganz zarten Wolkenschleier diffus auf Dein Modell geworfen wird, kann jeder Anfänger einigermaßen gute Bilder machen … willst Du "Jeder" sein?

2) Besondere Herausforderung=besondere Bilder
Bei Regen und Sturm können ganz besondere Bilder geschossen werden, die du sonst nie hinbekommen hättest. Stell dir ein Pärchen vor, das unter einem Regenschirm eine nur durch Laternen erleuchtete Straße entlang läuft, eng aneinander geschmiegt ist und denen der Wind die Haare wild zerzaust. Du hast das Glück, dass ein vorbeifahrendes Auto die beiden mit seinen Lichtern anstrahlt und du drückst genau im richtigen Moment den Auslöser. Also ich sehe es vor meinem inneren Auge und würde bei dem Gedanken daran, am liebsten direkt meine Kamera packen und rausgehen … ich glaube, das mache ich jetzt auch … ihr könnt euch in der Zeit dieses Beispielbild von mir angucken, das bei strömendem Regen entstanden ist.

3) Der Fels in der Brandung sein
"Sei keine Pussy". So oder ähnlich, würde man es vermutlich von einem Hauptfeldwebel oder Oberoffizier hören (ich war nie beim Militär, also verzeiht mir, wenn ich jetzt Mist erzähle) und ehrlich gesagt, regen mich Leute auf, die sich verhalten, als wären sie aus Zucker. Mich regen Leute auf, die wegen jedem kleinen Weg, ihr Auto anschmeissen und die ständig den Fahrstuhl für ein paar wenige Etagen nutzen. Ich will nicht sagen, dass man nicht auch mal faul sein darf, aber glaub mir eins: Bewegung, sich öfter mal der Kälte und Nässe aussetzen und auch mal kalt zu duschen, macht dich nicht nur nicht zur "Pussy", sondern macht dich zu einem Fels in der Brandung!

4) Zuverlässigkeit und Professionalität zeigen
Das gilt v.a. dann, wenn du die Fotografie als Dienstleistung betreibst. Wenn es deine Arbeit ist. Hast du schonmal einen Zeitungskurier oder Bauarbeiter gesehen, der wegen etwas Regen behauptet, er könne nicht arbeiten? Ich schon … und der ist jetzt arbeitslos! Zeig deinen Kunden, dass du professionell und zuverlässig bist. Dass deine Dienstleistung nicht vom Wetter abhängt. Sprich mit ihnen und erkläre ihnen, dass du, als Fels in der Brandung, deinen Job selbstverständlich durchziehst und erkläre deinen Kunden, dass schlechtes Wetter nicht heißt, dass die Bilder schlecht werden, sondern lediglich anders, als die schönen Sonnenuntergangsbilder, die du in deinem Portfolio gezeigt hast. Gib ihnen Ideenvorschläge und male ein Bild, das sie sich vorstellen können. Würden Fotograf*innen nur bei gutem Wetter Geld verdienen, dann gäbe es in Deutschland keine Fotografen mehr.

Ich hoffe, dass dir diese 4 Gedankengänge weitergeholfen haben und dass du dich in Zukunft nicht mehr nur bei schönem Wetter zum Shooten hinaus traust. Zum Abschluss habe ich dir stichpunktartig noch ein paar Tipps zusammengesammelt:
- Schutz deiner Ausrüstung bei Regen:
Es gibt relativ günstige Regenhauben, die absolut ihren Zweck erfüllen. Einfach mal bei Amazon nach Kameraschutz gucken. Falls du aber jetzt sofort raus in den Regen willst, nimmst du dir einfach eine Plastik-Einkaufstüte, schneidest ein Loch in der Größe deines Objektivs in den Boden und fotografierst mit der Kamera in der Tüte. Sieht dann zwar kacke aus, aber hey... who cares?
- Schütze dich selbst:
Natürlich kannst du ein Fels in der Brandung sein, wenn du entsprechende Regenkleidung trägst ;-)
- Fotografiere in Schwarz-Weiß:
Das ist kein Dogma, aber bei Regen sehen die Farben (außer dein Model trägt knallige Farben) sowieso eher entsättigt aus, weshalb es sich lohnt, mal den Monochrom-Modus deiner Kamera anzuschmeißen.
- Öffne die Blende und nutze die ISO:
Was man in der Portraitfotografie ohnehin meistens tut, macht natürlich bei schlechten Lichtverhältnissen noch mehr Sinn. Durch die geöffnete Blende kann dein Sensor mehr Licht "einfangen", sodass du eine Verschlusszeit wählen kannst, die es dir ermöglicht, scharfe und verwicklungsfreie Bilder zu schießen. Fürchte dich nicht vor der ISO: Gerade bei Bildern im Regen geht es um Stimmungen. Ein wenig Rauschen stört hier nur die Technik-Nerds (und die sind eh nie zufrieden).
- Fotografiere im urbanen Raum:
Auch das ist kein Dogma, aber meiner Meinung nach, wirkt es authentischer. Bei Regen und Sturm gehen Menschen eher selten im Wald wandern und dort hast du auch nicht den Effekt von spiegelnden, regennassen Straßen. Außerdem hast du in der Stadt mehrere Lichtquellen, die dir helfen, dein Model, trotz des schlechten Lichts, am Ende doch noch ins "rechte Licht zu rücken".
- Denk an deine Models:
Das ist vermutlich der wichtigste Tipp, weshalb er auch ans Ende gesetzt wurde. Denn schließlich ist das A und O, dass es deinen Models gut geht. Eine Session im Regen kann super spaßig sein, aber nicht über 2 Stunden mit klitschnassen Klamotten. Sei schnell, kreativ, vorbereitet und frage immer wieder nach dem Wohlbefinden deiner Models.

Liebe Grüße
Euer Sascha